Saturday 21 February 2015

Jana Feuerbach - Tanzen heißt Hingabe - 1. Kapitel







Jana Feuerbach
Tanzen heißt Hingabe

Klappentext:


Spagatsprung: wenn die Affäre eine Affäre beginnt und sich zwischen Seilen und Rhythmen selbst verliert

Kilian ist der beste Liebhaber, den Jennifer je erlebte. Von seinen Seilen gehalten erlebt sie erotische Höhenflüge, die sie nie für möglich gehalten hätte. Leider ist er bereits vergeben, auch wenn er bei ihr zunächst
»vergessen« hat, das zu erwähnen. »Vergessen«, dass er eine offene Beziehung führt und kein Single ist Was für eine Frechheit!

Allerdings ist Saskia, seine Freundin, ebenfalls verdammt sexy. Sie teilt Jennifers Leidenschaft für das Tanzen und gibt ihr ihre Lebensfreude zurück. Schon bald hat Jennifer das Gefühl, Kilian und Saskia gleichermaßen zu betrügen, wenn sie den jeweils anderen trifft. Die Balance zu finden entwickelt sich zu einem Barfußtanz in Glasscherben, doch sie möchte auf niemanden verzichten 

  • Eine turbulente Dreiecksgeschichte um Liebe, Heimlichkeit und Verlangen
  • SM-Szenen und das Spiel der Macht voller Zärtlichkeit und erotischem Prickeln
  • Die Autorin gehört selbst zur SM-Szene
  • Fesselnd und voller Erotik


Lest jetzt hier das komplette 1. Kapitel:


Kapitel 1: Unsichtbare Flügel


»Musst du jedes Mal etwas so Teures kaufen?«, fragte Jennifer. Kilians Präsent war keine Flasche aus dem Supermarkt, sondern ein Spätburgunder aus dem Weingeschäft. Der Mann besaß Stil, das zeigte der gut geschnittene Anzug mit dem dezenten Salz-und-Pfeffer-Muster. Das Lächeln in seinen blauen Augen brachte Kunden bestimmt dazu, ihm zu vertrauen und ihre Computernetzwerke entlang seiner Empfehlungen umzustrukturieren.

»Suchst du das hier?« Er griff auf ihren Schreibtisch und hielt den Korkenzieher in die Luft. Lächelte.

»Ja, gib ihn mir bitte.« Sie streckte den Arm in die Luft und ahnte, dass er es ihr nicht leicht machen würde.

»Was kriege ich dafür?«

»Einen Kuss?« Fehler. Sie küssten sich nicht.

Er ignorierte es. »Knie dich hin und bitte mich lieb darum.«

»Jetzt schon?« Sie lachte und legte den Kopf auf die Seite. »Dafür bin ich noch nicht betrunken genug.«

Kilian lächelte. Er griff ihr in die Haare, verdrehte seinen Griff und zwang sie Zentimeter für Zentimeter auf den Boden.

»Aua! Au, das tut weh, mein Herr und Meister!« Sie tat, als ob sie sich wehrte. Zappelte, aber nicht stark genug, um ihm tatsächlich zu entkommen. Schließlich berührten ihre Knie den weichen Flauschteppich. »Bitte, Gebieter, seien Sie so unermesslich freundlich und geben Sie Ihrer gehorsamen Dienerin den Korkenzieher, damit sie Ihnen den Wein einschenken kann, der bei dieser Kabbelei bestimmt fürchterlich durchgeschüttelt wurde.«

Kilian ließ sie los und lachte. »Du musst immer das letzte Wort haben, was?«

»Wenn Sie das so sagen, mein Herr, dann stimmt es und benötigt keine weiteren Ergänzungen.« Sie grinste.

Er streckte ihr wortlos die Hand entgegen und sie ließ sich hochhelfen. »Setz dich ruhig. Ich mach den Wein auf, dir kann man ja keinen Korkenzieher anvertrauen.«

»Aber keine Flecken auf den Fußboden!«

Er schüttelte lächelnd den Kopf und ließ ihr diesen kleinen Sieg.

Die Gläser, aus denen sie tranken, passten zu ihrem edlen Inhalt. Für besondere Gelegenheiten hatte Mama ihr beim Einzug in die WG diese Kollektion mundgeblasener Weingläser geschenkt. Vermutlich hatte sie dabei an Feiern wegen bestandener Abschlussprüfungen gedacht, aber für Jennifer waren die Abende mit Kilian wichtiger als gute Noten in der Uni.

Früher hatte sie keinen Rotwein gemocht. Als Mädchen hatte sie nur die säuerliche Billigvariante gekannt, die man vor einer Disconacht im Freien leerte, um später am Tresen weniger Geld auszugeben. Der Geschmack in ihrem Mund hatte eine neue Komponente gewonnen, als Kilian sie zum ersten Mal zu einem Glas Rotwein eingeladen und danach ans Bett gefesselt hatte. Heute schmeckte Rotwein nach Erwartung und zu heißem Blut, das im Taktschlag ihres Herzens tanzen wollte. Ein Prickeln, das sich anfühlte wie der letzte, verborgene Augenblick hinter dem Bühnenvorhang, während das Orchester zu spielen begann und sie die Augen schloss, um sich auf die Arabesken, die Battements und Sprünge der Choreografie vorzubereiten, bis sie mit einem Lächeln die magischen Bretter betrat und alles andere vergaß.

Falscher Gedanke. Das Ballett war verboten. Sie brauchte den Tanz nicht, hatte ihn nie gebraucht. Die Liebe dazu war eine Illusion gewesen. Natürlich konnte sie leben, ohne jeden Abend zu trainieren.

»Wie war dein Tag?«, fragte sie und durchbrach das Schweigen. Aus den Laptopboxen perlte die Musik der spanischen Harfenistin, die Werke von Camille Saint-Saëns neu interpretierte. Sie mochte den plätschernden Klang der Harmonien und die unerwarteten Wendungen der Kompositionen. Es war Musik zum Entspannen, nicht zum Tanzen. Dieser Unterschied war wichtig.

Kilian zuckte mit den Schultern. »In der Firma wusste eine Hand nicht, was die andere tat. Ich musste sie dazu bringen, miteinander zu reden, mehr nicht. Leicht verdientes Geld. Ein Glück, dass ich selbstständig bin und nicht jeden Tag dahin muss. In so einem unstrukturierten Verein könnte ich nicht arbeiten.«

Jennifer nickte und trank einen Schluck. Der Rotwein hatte Zimmertemperatur und füllte ihrem Mund warm aus. Schmelzend. Wie Honig und Sommerwind auf der Haut. Sie streichelte mit dem Finger über das Gesicht der winzigen, gestickten Elfe auf dem Sofakissen, die durch eine Waldlandschaft flog.

»Schmoll doch nicht.« Kilian lachte und kniff ihr zwischen den Schulterblättern in den Rücken. »In Wahrheit habe ich die ganze Zeit ungeduldig darauf gewartet, dass es Abend wird und ich dich besuche. Neben dir konnte ich an nichts anderes denken.«

Sie tat, als ob sie sich gegen seinen fordernden Griff wehrte. Ihr Herz schlug schneller und sie ließ zu, dass er sie an seine Schulter zog. Mit ausgestrecktem Arm stellte sie das Glas auf dem Tisch ab, schloss die Augen und fühlte das beruhigende Gefühl von feinverwebtem Wollstoff an ihrer Wange. Er roch nach Holz, nach Mann, nach Wollstoff, sogar ein bisschen nach Pfeifenrauch, auch wenn er nicht rauchte. Seltsam. Sie brauchte seinen Geruch nur einmal einzuatmen und fühlte sich geborgen. Vielleicht hatte sie sich deswegen in ihn verliebt und die Regeln gebrochen.

Ein neues Musikstück begann. Für viele Menschen war klassische Musik etwas, was im Hintergrund lief und eine entspannte Stimmung zaubern sollte. Jennifer konnte das kaum nachvollziehen. Die Musik der alten Meister war herrlich komplex und lud dazu ein, mit geschlossenen Augen zu träumen.

Glücklicherweise ging es Kilian ähnlich, hatte er ihr einmal erzählt. Er genoss es, wie sie schweigend den klangvollen Tönen der Harfenistin lauschten, im Schimmer der brennenden Kerzen träumten und den Duft des langsam hinabbrennenden Patschuli-Räucherstäbchens einatmeten. Sie hatten Zeit. Die ganze Nacht gehörte ihnen.

Wieder streichelte sie über die feinen Stickereien eines Kissens. Sie nähte fast so gern, wie sie tanzte. Wochenlang hatte sie im Internet und in Zeitschriften nach Motiven von Ballerinen gesucht, denen sie Flügel auf den Rücken gezeichnet hatte. Sie tanzten unter alten Bäumen und einem Sternenhimmel und waren so frei, wie sie es sich erträumte. Vielleicht machte die Originalität der Kissen es wett, dass man den abgewetzten Bezügen von Omas Sofa das Alter ansah.

Kilian stellte sein Glas ab und schenkte ihr dieses ganz besondere Lächeln. Es war so weit. Wärme floss durch ihren Bauch. Nach einem letzten Schluck stellte sie das Glas ab. Sein Profil wirkte im Licht der Kerzen sanfter und liebevoller. Sie atmete den Duft seiner Pheromone verstohlen ein und seufzte leise.

Seine blauen Augen waren Eis auf ihrer Haut. Sie drangen durch die Kleidung, liebkosten ihre Haut und glitten tiefer, um ihr ihren Stolz und ihre Geheimnisse zu entreißen. Jennifer bewegte sich nicht. Die Kerzen brannten auf dem Schreibtisch und der Fensterbank und flackerten. Ihr Licht war so weich, wie sie sich fühlte. Vielleicht schimmerte ihre Haut blass und kühl, aber sie erwärmte sich mit jedem Herzschlag mehr. Die Zeit für den Tanz war gekommen. Ihr Herz war goldenes Licht. Sie würde fliegen und er würde sie halten.

»Es wird Zeit für dich«, sagte Kilian. Der Klang seiner tiefen und ruhigen Stimme brachte ihre Haut zum Vibrieren.

Sie erschauderte. »Was soll ich tun?«

»Steh auf und stell dich in die Mitte des Zimmers.« Seine Stimme blieb freundlich.

Das schätzte sie an ihm. Immer behandelte er sie freundlich und mit Respekt, käme nie auf die Idee, die Sessions mit abfälligen Worten zu ruinieren. Er besaß Stil. Das war wichtig.

Schweigend gehorchte sie und stand auf. Es fiel ihr leicht, sich mit einer hundertfach geübten Bewegung graziös zu erheben und scheinbar schwerelos zur Mitte des Zimmers zu schweben. Rückblickend bekamen die Ballettstunden auf diese Weise einen Sinn. Die Beine hob sie beim Gehen höher als nötig und ließ bei jedem Schritt den Knöchel provokativ am Unterschenkel entlang nach oben gleiten.

In der Mitte des Zimmers reckte sie sich, damit er die Kurven ihrer Hüfte und Taille besser bewundern konnte. Beiläufig streckte sie die Brüste nach vorn und hob die Arme mit einer sorgfältigen Bewegung über den Kopf. Dort legte sie die Handrücken aneinander, als ob sie an den noch nicht aneinandergebundenen Handgelenken nach oben gezogen würde und mit unsichtbaren Seilen tanzte, die sie umfingen. Komm, schöner Mann! Komm und spiel mit mir!

Ihre Brüste kribbelten. Gleich, gleich würde es beginnen. Die unsichtbaren Flügel auf ihrem Rücken würden sich entfalten. Die Sterne über dem Stahlbeton der Hauswände würden auf sie herabscheinen und nicht bemerken, dass die uralten Bäume fehlten.

Kilian stand auf und ging langsam um sie herum. Für Momente wie diesen hatte sie ihren Körper in Form gebracht. Was war Tanzen anderes als Hingabe an die Musik mit einem Körper, den man viele Jahre dafür trainiert hatte? Was war Sadomasochismus anderes als Hingabe an einen Mann? Diese Hingabe erregte beim Klang der spanischen Harfenspielerin erregte wie die komplizierteste Choreografie.

Ihre Haut verwandelte sich unter Kilians Berührungen in Licht. Natürlich hielt sie still. Mit geschlossenen Augen spürte sie, wie er ihr Shirt ergriff und ihr vorsichtig über den Kopf zog. Sie hielt die Hände weiterhin in der Position, bewegte die Handrücken aber leicht auseinander, damit der T-Shirt-Stoff zwischen ihnen hindurchgleiten konnte. Als Nächstes knöpfte er ihren Rock auf. An diesem Abend trug sie einen Minirock aus schwarzem Baumwollstoff. Er schob ihr den Rock über die Hüften und ließ ihn an ihren Beinen hinuntergleiten, wo er sich um ihre Knöchel legte.

Jennifer atmete schnell ein, langsam wieder aus und verlagerte das Gleichgewicht auf den High Heels. Mit geschlossenen Augen spürte sie seine Blicke auf der Haut und atmete den Patschuliduft des Räucherstäbchens ein.

»Du siehst traumhaft aus«, sagte er.

Sie biss sich auf die Lippen, um ihr Schweigen zu erhalten, ihre Körperspannung nicht zu verlieren und die stolze Körperhaltung zu bewahren, die Frau Werning ihr vor Jahren beigebracht hatte. Kilian sollte stolz auf sie sein.

Er öffnete die Häkchen auf der Rückseite ihres BHs und zog ihn über ihre Schultern, ohne die Haut ihrer Brüste zu streifen. Jede Berührung würde ihr Licht in Feuer verwandeln. Natürlich tat er es nicht. Ihn erregten ihre Begierde und die Macht, dass er ihr etwas verweigern konnte. Stattdessen griff er nach ihren Handgelenken und drückte sie sanft nach unten, bis die Finger sich im Nacken trafen und verschränkten. Ihre Nippel zogen sich zusammen. Für einen Moment ließ er sie los und sie ahnte, dass er nach den Seilen griff, die er vorhin bereitgelegt hatte. Tatsächlich. Das weiche Baumwollseil berührte ihren nackten Rücken, als er wieder hinter ihr stand. Sie atmete konzentriert ein und wieder aus sich, langsam, ganz langsam, als die erste Schlinge um ihr Handgelenk legte. Dann die zweite. Die dritte. Kilian wusste, was er tat. Jeder Handgriff saß.

Auf dem Flauschteppich war es schwierig, auf Heels und mit den Händen im Nacken das Gleichgewicht zu wahren, daher nahm sie seine Hand um ihre Taille dankbar an. Er half ihr, über den unsicheren Grund zum Stützbalken ihres Hochbettes zu gehen. Der Teppich unter den Knien war weich, als sie erneut strauchelte, und seine Arme hielten sie, als sie zur Seite auf den Boden sank. Wie unelegant das aussehen musste! Dabei wollte sie ihm gefallen.

Verlegen sah sie hoch und sah in seinen Augen das Funkeln, das verriet, wie sehr ihn ihre Hilflosigkeit erregte. Eine heiße Welle floss durch ihren Bauch und ihre Brüste. Es tat gut. Bei ihm durfte sie schwach sein und sich gehen lassen, ohne etwas beweisen zu müssen. Kein anderer Mann in ihrem Leben war dafür stark genug gewesen.

»Lehn deine Stirn an den Balken«, sagte er und gab ihr einen Klaps auf den Hintern.

Für einen Moment missachtete sie seine Anweisung, sah ihm in die Augen und verlor sich darin.

Sein Blick verharrte auf ihr. Er vertraute darauf, dass sie nicht widersprechen würde, sah sie darin geschrieben. Natürlich nicht.

In Momenten wie diesem würde sie alles für ihn tun. Mit einem Kopfneigen, das er sicher kaum erkennen konnte, schloss sie die Augen und lehnte die Stirn an den Holzbalken. Es fühlte sich an, als würden sich Splitter in ihre Stirn bohren. Das Holz roch nach alter Wachspolitur und Fichtenharz. Ohne es zu wollen, ließ die aufrechte, kantige Härte sie erschaudern, die zwischen ihren Beinen und Brüsten nach oben strebte.

Seine Kleidung raschelte leise, als er sich hinter ihr bewegte. »Das gefällt dir, was?«

Sie antwortete mit einem Geräusch, das ein Schnurren, Seufzen oder ein verhaltenes Stöhnen hätte sein können. Natürlich gefiel es ihr. Die Seile um ihre Handgelenke, diese Seile, die er um ihren Hinterkopf legte und die ihre Stirn fester an den Balken drückten, hielten und schützten sie. Heimlich breiteten sich die Flügel auf ihrem Rücken aus und machten sich bereit.

Zwischen ihren Beinen zerfloss sie. Sie seufzte auf. Das Wissen darum, dass er über ihr stand, ihren Körper betrachtete und die Wildlederpeitsche hielt, schien unerträglich erregend. Das Pochen zwischen ihren Beinen würde unerfüllt bleiben, während er zufrieden lächelnd auf sie heruntersah. Es tat weh. Sie war ganz unten, nichts wert, hatte es immer geahnt. Seltsamerweise tröstete der Gedanke und gab ihr Frieden.

Die Peitsche fiel zum ersten Mal auf ihren Rücken. Am Anfang tat es weh. Sie ertrug es. Der Schmerz vertiefte das Licht. Wieder ein Schlag, wieder süßer Schmerz. Jetzt war es angenehm. Jetzt tat es weh. Langsam erfühlte sie seinen Rhythmus, fand Frieden darin und spürte den Lufthauch unter ihren Flügeln. Ihr Geheimnis. Niemand sah tief genug in sie herein. Niemand wusste von den Flügeln oder kannte ihr Licht.

Stille. Der Schmerz hörte auf und ließ ein angenehmes Brennen auf dem Rücken zurück, auf der sich der unmerkliche Lufthauch von Kilians Bewegungen kühl anfühlte. Was beabsichtigte er?

Er machte sich an dem Knoten in ihrem Nacken zu schaffen. Der Druck auf ihrem rechten Handgelenk löste sich. Auch ihre linke Hand wurde befreit, nur um erneut auf dem Oberschenkel festgebunden zu werden.

Auf ihrer Fensterbank brannten Teelichter. Daneben lagen die weißen Kerzen. Ihr wurde mulmig zumute. Heißes Wachs fürchtete sie mehr als die Peitsche. Sie wusste nicht genau, woran es lag. Vielleicht, weil es tiefer ging und nicht nur die Oberfläche streifte. Vor dem Glühen auf ihrer Haut konnte sie nicht davonfliegen.

Kilian zündete eine der weißen Kerzen an.

»Bitte nicht«, flüsterte sie.

Er schien es nicht zu hören und kam zurück. Seine Hand glitt über ihren Nacken, fasste in die Haare und zog ihren Kopf nach hinten.

»Nein!«

Nein war kein Safeword. Der erste Tropfen fiel auf ihre Brüste. Hitze statt Licht berührte sie, obwohl sie unter ihrer Haut allein bleiben wollte. Sie zog die Luft scharf ein. Im ersten Moment fühlte es sich wie Wasser aus einer heißen Dusche an. Langsam entfaltete sich der Schmerz, während die Hitze unter die Haut zog und das Blut entzündete.

Sie hätte nicht sagen können, ob es Schmerz war. Eine seltsame Euphorie pulsierte mit jedem Herzschlag weiter durch ihren Körper und breitete sich aus, bis sie zwischen den Beinen pochte. Furcht. War es das, was sie fühlte? Die uralte Angst, nicht zu genügen und für zu wenig befunden zu werden?

»Es tut weh«, flüsterte sie nach dem dritten oder vierten Tropfen und sah in seine Augen.

»Das soll es auch.« Er küsste sie sanft auf die Wange.

Sie biss die Zähne zusammen und hielt still. Versuchte es wenigstens. Zappeln war sinnlos. Wenn sie wegrutschte, würde das Wachs nicht sie treffen, sondern den Flauschteppich. Der hatte bereits zu viele Flecken. Besser, es traf sie. Die Haut würde heilen.

Als ein Tropfen versehentlich oder absichtlich direkt auf ihren Nippel fiel und der Schmerz sich verdreifachte, schrie sie auf. Suchte nach Kilians ruhigem Blick und fand Halt bei ihm. Eine Träne floss ihr über die Wange. Konnte er sie nicht wenigstens streicheln? Es tat weh!

Er tat es. Sanft hielt er sie und versicherte ihr mit einem Blick, dass er sie liebte, bei ihr blieb und sie beschützte. Sie war in Sicherheit, auch wenn er ihr wehtat. Sie hatte Flügel auf dem Rücken, die wild flatterten und sich zu befreien versuchten.

Schließlich entspannte sie sich und atmete aus. Atmete wieder ein. Der Atem bestimmt den Rhythmus, hatte Frau Werning gesagt. Oder so ähnlich. Der Geruch nach Feuer, nach schmelzendem Kerzenwachs, lag in der Luft. Kilians Atem glitt über ihre Brust und kühlte die ängstlich-erwartungsvolle Haut. Stück für Stück ließ die Angst nach.

Dann, ganz plötzlich, sie hatte nicht mehr damit gerechnet, fielen die nächsten Tropfen. Glühend heiß verschmolzen sie zu einem Lavafluss. Kilian hatte gar nicht gewartet, um ihr eine Ruhepause zu verschaffen. Er hatte sich nur geduldet, damit sich der Schwall aus glühender Flüssigkeit an der Kerzenspitze vermehrte, der jetzt über die Brust auf den Bauch lief.

Sie schrie nicht. Ganz plötzlich machte es Klick in ihr und sie fühlte den Schmerz nicht mehr. Stattdessen vergaß sie, wie man dachte, wie man sich fürchtete und an so etwas Überflüssigem wie seiner Würde festhielt. Sie flog davon, während Tränen über ihre Wangen rannen und die Haut kühlten. Sie vergaß ihren Namen und ihren Stolz. Alles, was blieb, war der Teil von ihr, der unzerstörbar war und gehalten durch unsichtbare Flügel unter dem Sternenhimmel tanzte. Kilian blieb auf der Erde zurück, streichelte ihren Körper und würde nie verstehen, wie wundervoll es war, dass sie fliegen konnte.


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Jana Feuerbach


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